WKG-Ringer: „Torpedo“ Tonu lässt Tigers toben

Zweitligist vom Rhein-Nahe-Eck gewinnt nach dramatischem Kampf zum Saison-Auftakt 17:14 gegen ASV Hüttigweiler. Und das, obwohl Coach Helbing etwas gepatzt hatte. (von Jochen Werner)

Ende gut, alles gut!

Bad Kreuznach.  Ende gut, alles gut. Oder: Mit so einem Verlauf macht Ringen richtig Spaß. Emotionen pur. Bester Sport. Eine Halle, die vor allem nach der Pause immer mehr zum Hexenkessel wurde, mit anfeuernden Sprechchören für die heimischen Athleten. Und mit teilweise unverständlichen Ringrichter-Entscheidungen, die letzten Endes aber nichts am Ausgang des Duells ausmachten. Die Wrestling Tigers Rhein-Nahe fuhren am Samstagabend in einem wahren Krimi mit einem 17:14 den erhofften Auftaktsieg in der Zweiten Liga Nord gegen den ASV Hüttigweiler ein.

 

Kampfabend beginnt mit schlechten Nachrichten

Der Abend begann für die Tigers fast dramatisch, vor allem aber mit denkbar schlechten Voraussetzungen. Neuzugang und WM-Bronzemedaillengewinner Semen Novikov konnte verletzt nicht mitwirken, mit dem Deutsch-Griechen Theodoros Singiridis fehlte ein weiterer Hoffnungsträger. Trainer Karl Heinz Helbing musste kurzfristig umstellen. Und dabei unterlief dem 66-jährigen Coach ein Fauxpas. „Den Lapsus kann ich nicht verheimlichen. Aber sowas ist mit in 50 Jahren noch nie passiert.“ Helbing verwechselte bei der finalen Aufstellung die Stilarten seiner 75 Kilo-Ringer. „Normalerweise ist das alles verinnerlicht, da kontrolliere ich sogar die Geburtsdaten.“ Greko-Spezialist Vladislav Ivanov musste so im freien Stil gegen Valentin Borzin ran, umgekehrt Stefan Tonu im abschließenden Gefecht gegen Jan Wolfanger.´

Das Drehbuch hätte nicht dramatischer ausgedacht werden können. Der letzte Kampf des Abends über 75 Kilogramm im griechisch-römischen Stil musste zeigen, wer die Punkte einfährt. 14:14 lautete der Gesamtstand bis dahin. Wolfanger lag gegen Tonu nach der ersten Runde 5:4 in Führung. Tigers-Geschäftsführer Oliver Eich griff zum Mikrofon, animierte die Fans beider Vereine mit den Worten: „Es geht um alles. Dieser Kampf ist entscheidend!“ Im Wissen, dass Wolfanger in „seiner“ Disziplin antrat, Tonu sich dagegen auf eher ungeliebtem Terrain bewegte. Nach 40 Sekunden der zweiten Runde glich Tonu aus. Und danach gab es für ihn, beide Trainerbänke und die Halle kein Halten mehr. Tonu steigerte sich, rang wie im Rausch und gewann den Kampf mit 18:5. Nur die Uhr verhinderte den vorzeitigen Sieg durch technische Überlegenheit.

Am Ende hatten beide Mannschaften je fünf Kämpfe für sich entschieden. Auf Tigers-Seite überzeugte dabei 57-Kilo-Zuwachs Tanyo Tanev gleich zu Beginn, schulterte Michael Müller im freisen Stil nach nur 43 Sekunden. Etwas länger brauchte Rückkehrer Alex Ufelmann (66 Kilo Freistil) gegen Florian Dauster. Nach 4:34 Minuten war seine Überlegenheit mit 17:2 manifestiert. Vasile Taran (86 Kilo Greko) hatte mit Mathis Jochum keinerlei Probleme, gewann vorzeitig mit 16:0. Das Trio heimste somit jeweils vier Zähler in der Mannschaftswertung ein.Dass sich Ur-Tiger Nmasi Obiasor über 130 Kilo wegen des Novikov-Ausfalls Till Bialek stellen würde, hatte vorab niemand auf dem Plan. Der Binger rettete sich über die Zeit, gab nur drei Punkte ab. Mohamed Esleem (61 Kilo Greko) durfte gegen den WM-Fünften Artion Deleanu Erfahrungen sammeln, war von Beginn an chancenlos. Genauso wie Valerii Toderici (98 Kilo Freistil) gegen Denis Balaur.Aber dann war da der zweite Binger in Tigers-Reihen, Numan Bayram, der einen Teil seiner Ausbildung in Hüttigweiler genossen hatte. „Man kennt sich gut, und ich musste die letzten Wochen leider krankheitsbedingt aussetzen“, bedauerte er.

Auf kleine Fehler des Ringrichters wollte er nach seinem intensiven Abnutzungskampf (71 Kilo Greko) gegen Kevin Titov nicht schauen. „Kevin und ich kennen uns gut. Aber wichtig ist am Ende, dass wir den ersten Kampfabend erfolgreich gestalten konnten.“ Den Stein, der Bayram nach dem knappen 9:6 von der Seele fiel, war schlichtweg hörbar.Und er war sicht- und spürbar. Helbing umarmte und herzte Tonu. „Mir ist mindestens ein fünf Kilo-Brocken von der Seele geplumpst“, gab er zu. Die Jungs hätten gezeigt, welche Harmonie in der Mannschaft stecke. „Und dass eine sehr enge Verbindung zwischen Athleten besteht. Obwohl ich zu ihnen im Training nicht immer freundlich bin und viel verlange, sind sie doch immer dankbar und haben mir heute alles zurück gezahlt.“ Helbing war sichtlich gerührt, denn auch Ivanov hatte alles gegeben, unterlag Weltklasse-Athlet Borzin nur knapp mit 2:8.

 

von Jochen Werner AZ KH

Abmeldung abgewendet (Quelle Allgemeine Zeitung Bad Kreuznach)

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